Matthias Pöschl und sein "Straubinger Totentanz" |
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Die Leitmotive der auch in bayerischen Kirchen zu findenden gotischen und barocken Totentanzdarstellungen sind die Gleichheit aller Menschen vor dem Tod, die unbekannte Sterbestunde, das Abschiednehmen und Loslassenmüssen und die Hoffnung auf eine selige Auferstehung.
Davon erzählen auch die 24 Wandmalereien des Felix Hölzl aus dem Jahr 1763 sowie die vierzeiligen Bildunterschriften in der sog. Totentanzkapelle auf dem berühmten Straubinger Friedhof von Sankt Peter. Inspiriert von diesem Bilderzyklus, der mit dem Bild des Welten-richters endet, hat der in München lebende GR Matthias Pöschl im Herbst 1976 neun Bilder ausgewählt und daraus Theaterszenen voll bayrisch-barocker Kraft in einem urwüchsigen niederbayerischen Dialekt geschaffen. In einer dramatischen Reportage schildert er die Auseinandersetzung des Todes mit dem selbstgerechten Pfarrer, dem uneinsichtigen Totengräber, dem hartherzigen Wucherer, dem abgebrühten Bettler, dem aufbrausenden Kurfürsten, dem starrköpfigen Bauern, dem mitleidlosen Arzt und der Klosterfrau, die sich freiwillig dem Tod ergibt und ihm sogar Mut zusprechen muß, sein Amt auszuüben. Mit dieser Ausnahme kommt der Tod allen anderen ungelegen, alle haben noch so viel zu tun, alle versuchen, dem Unausweichlichen mit zornigem Aufbegehren oder falscher Schmeichelei zu entgehen. Der Straubinger Totentanz ist schon von vielen Amateur-Theatern auf die Bühne gebracht und auch im Bayerischen Rundfunk gesendet worden. ,,Pöschl ist ein bayerischer Dramatiker, seine Gedanken sind tief verankert in der bayerischen Mentalität, seine Dialoge schöpfen aus dem Vollen und seine Sprache geht unter die Haur, schrieb der Rezensent P. Hagenauer anläßlich der Aufführung des Totentanzes am 8. Juni 1984 im Straubinger Stadttheater durch das Theater Nikola Landshut. |
Am 6. November 2004 las der Schauspieler Wolf Euba den Totentanz im Schloss Blutenburg. In der Landshuter Zeitung vom 8.11.2004 schrieb Eva Maria Fischer u.a. ,,Pöschl bewahrt den Geist der spätmittelalterlichen und barocken Bildfiguren... Wolf Euba spricht, durchlebt schier diese letzten kühn ausgemalten Zwiegespräche voll Stilbewusstsein und Sprachkenntnis."
Matthias Pöschl, 1924 in Landshut geboren, ist in der Pfarrei St. Nikola aufgewachsen. Er besuchte die Volksschule St. Nikola und trat im April 1936 in das Humanistische Gymnasium in Regensburg über. Nach einer kriegsbedingten Fortsetzung des Studiums an den Gymnasien in Burghausen und Landshut wurde er im Februar 1943 zum Kriegsdienst eingezogen und im August 1943 im Kaukasus verwundet. Im April 1945 geriet er in französische Kriegsgefangenschaft, die bis Mai 1947 dauerte. Vom November 1947 bis Mai 1952 studierte er im Priesterseminar in Freising Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Die Primiz feierte er am 22. Mai 1952 in der St. Martinskirche in Landshut. Es folgten fünf Kaplansjahre in Prien und München und von 1957-1985 Tätigkeiten als Religionslehrer an verschiedenen Realschulen in München mit gleichzeitiger Mitarbeit in der Pfarrgemeinde St. Martin in München/Untermenzing. Nach Beendigung der Lehrtätigkeit arbeitete er von 1985 an verstärkt in der Pfarrei St. Martin in Untermenzing mit, bis ihn eine schwere Erkrankung im Juni 2001 zum endgültigen Ruhestand zwang. Pöschl ist ein namhafter Vertreter der katholischen Literatur in Bayern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein literarisches Werk aus der Zeit von 1962 bis 2004 umfasst 11 Biographien, vor allem von deutschen und französischen Heiligen, 7 Bücher mit bayerischen Mundartgedichten, davon 2 Bücher mit 70 Gedichten zu Bildern von Carl Spitzweg, 7 Gedichtbände in Schriftdeutsch, 8 Theaterstücke in bayerischer Mundart, 5 Theaterstücke in Schriftdeutsch sowie 2 Bände mit religiösen Schriften. Walter Pöschl |
Tod und Pfarrer Der Pfarrer predigt Da MORS, da Thanatos! Kumm, sagta, kumm! I wirf da dei Sanduhr, dei Stundnglas um. I hoi de, i pack de, i hab de scho g'sehng! I kriag de! Vakriach de net unta da Beng. Du kimmst ma net aus! Gleih ziaga de raus, gleih fahm ma viaspanne an Gottsacka naus. So red'ta, da MQRS. Via Bretta san gnua fias letzte Bett! - Herr, gib uns d' ewige Ruah! Was habtsn? Was gift't eich? Was liegt eich im Magn? Mei Predi? Ja, derf i eich d'Wahrat net sagn? Ja, soli eich oliagn? I hab eich durchschaut. Wenn oana vom Tod red't, des geht unta d' Haut, des bohrt se ins Gwissn und beißt se ins Hian~ Eiskolt waht's de o, gleih mecht ma dafrian. Her auf! hoaßt's! A gsunda Mensch, pfingstrosnrot, der red't net vom Ster'm - und scho garnet vom Tod, der red't vo da Arwat, vom Vieh und vom Gejd. An Fegfeiahausl hat koana net b'stejt. An Tod hast net b'stejt, sagst. Da gib i da recht. Jatz sagn ma da Amen, daß s' aus is, dei G'schicht! A d'letzt vo da Predi, da kaam a mi'm G'richt! Mia samma scho zamg'richt't, 's Le'm is koa Gschbui. Was d' hast und was d' bist, am End is's net vui. Was d' derfst, is da vorgschrie'm. Und steigst iban Zau, in d' Epfe, hoaßt's: Sinda! Und gleih hastas gnau. Was d' megst, is vabo'n wiar im Paradies, dalaabt is da d' Arwat - und de is da gwiß. Fuchzg Jahr oda sechzg aufm Buckl macht krumm! Drum ruaft de da Thanatosl Kumm, sagta, kumm! |
Tod und Totengräber
Der Totengräber (schaufelt ein Grab aus): A guats Grab, a staads Grab, a tiafs Grab soist ham. Dreißig Jahr oda viazg habe gschaufet und gra'm. Und ausgra'm, was hergeht, a Stoandl a Boa; und eigra'm, was hoamgeht aus unsara Gmoa, a Boandl, a Stoa! A diamoi wia heit, da macht ma des Schaufen gleih gar koa Freid, da habi fia d' Arwat zwoa denke Hendd, da waar i am liaban gleih sejba drent! I sag's, wiares denk, eiwendi in mia. Tod: Wen grabstn na ei? |
Tod und Wucherer
Der Wucherer (zählt das Geld): Wucherer: Bis jatz habi zuag'hert, weilsd'gar so gscheit redst |
Tod und Bettler
(auf einer Bank) Der Bettler: Vo Straubing bist net, sunst hett i di kennt. |
Tod und Arzt
Arzt: Der g'foit ma scho garnet, der hat's auf da Lung. |